Sehnenriss
Als Sehnenriss bezeichnet man die teilweise oder vollständige Zerreißung einer Sehne durch eine Belastung, die die Belastbarkeit übersteigt.
Prinzipiell kann jede Sehne im Körper reißen. Die bekanntesten Rupturen sind die Bicepssehenruptur, Patellasehnenruptur (unterhalb derKniescheibe), Quadricepssehnenruptur (oberhalb der Kniescheibe), Achillessehnenruptur (s.weiterer Fachbeitrag) und Rupturen der Rotatorenmanschette (s. weiterer Fachbeitrag).
Ursachen
Meistens sind die betroffenen Sehnen vorgeschädigt durch lange Fehlbelastung wie sie bei Achsfehlstellungen der Beine vorkommen (bei Achillessehne und Patellasehne), Fehlhaltung des Schultergürtels (Bicepssehne, Rotatorenmanschette, lange Bicepssehne) oder durch sportliche Überlastung.
Auch bei langanhaltenden Entzündungsprozessen, z.B. bei Rheumatikern, tritt mit der Zeit eine Auffaserung der Sehnen ein die zu einer Ruptur führen könnte.
Regelmäßige Kortisoninjektionen im Bereich von Sehnen können ebenfalls Auslöser für einen Riss sein. Zwar wirkt Kortison antiproliferativ und antientzündlich auf das Gewebe, aber das heißt auch, die Phase der Wundheilung, wie sie in einer entzündeten Sehne von Natur aus vorkommen würde, wird behindert, die Sehne fasert auf und wird weniger belastbar.
Auch ohne diese Risikofaktoren ist ein Zerreißen des Sehnenapparates möglich. Dies geschieht häufig bei Situationen auf die der Körper nicht vorbereitet war und bei denen die spontane Belastung der Sehne um ein vielfaches höher ist als deren Belastbarkeit. Ein Beispiel hierfür ist das Auffangen von Menschen (beim Rock ´n Roll oder anderen Tanzsportarten) sowie Gegenständen deren Gewicht man unterschätzt hat. Hier hat der Muskelsehnenapparat die falsche Vorspannung und es kann zum Zerreißen kommen.
Weiterhin gibt es im Körper einige Sehnen die prädisponiert im Alter auch ohne Trauma durch die normale Degeneration reißen. Hierzu gehört die Rotatorenmanschette oder die lange Bicepssehne im Bereich der Schulter.
Symptome
Man sollte eigentlich denken, dass es vor allem ein sehr großer Schmerz sein muss wenn eine Sehne reißt. Tatsächlich trifft das aber nicht auf alle Rupturen zu.
Bei der Achillessehne kommt es darauf an wo der Riss sich befindet und welches umliegende Gewebe zu Schaden kommt. Auch der Schwellungszustand ist von diesen Faktoren abhängig, eine Sehne an sich ist kein sehr gut durchblutetes Gewebe durch das große Schwellungen oder Einblutung entstehen könnten.
Die Bicepssehne, vor allem wenn die im Bereich des Ellbogens reißt, wird in der Regel unter Schmerzen reißen, denn im verzweigten Ansatzbereich findet man viel gut durchblutetes Gewebe und andere Muskulatur. Die lange Bicepssehne im Bereich der Schulter ist oft ein Opfer von Degeneration und reißt unter Umständen ohne Trauma fast unbemerkt von den Betroffenen denn andere Muskeln können die Funktion übernehmen.
Der traumatische Riss einer Sehne ist meistens mit einem lauten, peitschenknallartigen Geräusch verbunden und immer mit einer sofortigen Funktionseinbuße. Bei der Patella-, Quadriceps- oder Achillessehne hat dies einen sofortigen Verlust der Körperstabilität zur Folge.
Diagnose
Im Tastbefund ist der Muskelbauch des betroffenen Muskels verrutscht. In einigen Fällen ist dieses sogar sichtbar. Bei Quadriceps- oder Patellarsehnenrupturen kann man einen Patelletiefstand oder -hochstand erkennen.
Differentialdiagnostisch abzugrenzen sind immer Frakturen oder knöcherne Ausrisse am Ansatzpunkt der Sehnen.
Gegebenenfalls kann man eine Ultraschalluntersuchung machen. Bei Unklarheiten wird spätestens im MRT der Riss sichtbar.
Therapie
Teilrupturen können unter Umständen noch konservativ behandelt werden. Hier gilt es eine größtmögliche Entlastung der Sehne herbeizuführen.
Ist die Achillessehne betroffen hieße das für ungefähr 6 Wochen eine Fersenerhöhung in einer Orthese zu tragen. Ähnlich wie bei einem Stöckelschuh wird hier die Sehen angenähert und damit entlastet. Der Heilungsfortschritt wird regelmäßig mit Ultraschalluntersuchungen überprüft bis die Sehne langsam wieder an ihren normalen Dehnungszustand ohne Erhöhung gewöhnt wird.
Die lange Bicepssehne wird oft nicht refixiert wenn sie aufgrund von Degeneration gerissen ist. Dadurch ist sie aufgefasert und für eine Naht nicht stabil genug. Andere Muskeln, darunter auch der kurze Bicepskopf, übernehmen die Aufgaben. Manchmal fixiert sich die Sehne von selbst unterhalb der Schulter am Oberarm.
Eine Quadriceps- oder Patellasehnenruptur wird in der Regel operativ versorgt.
OP-Möglichkeiten und Nachbehandlung
Generell gilt: je früher operiert wird desto einfacher ist es.
Der Körper beginnt sofort nach dem Riss mit den „Aufräumarbeiten“. Sofern die Sehnenenden nicht zuweit auseinander liegen bildet er Narbengewebe, sog. Neosehnen. Diese sind, unbehandelt, allerdings unfunktionell da sie zu lang sind und es bleibt bei dem Funktionsverlust der Muskulatur.
Ist es bei der Achillessehne zu einem knöchernen Abriss gekommen, wird das abgerissene Knochenstück wieder am Fersenbein angeschraubt.
Ist die Sehne in ihrem Verlauf gerissen wird sich der Operateur aufgrund des Zustandes der Sehne für ein Nahtverfahren entscheiden. Es gibt bei dieser OP sowohl Minimal-Invasive Verfahren wie auch offene Operationen. Findet man stark aufgefaserte Sehnenenden vor kann es nötig werden umliegende Sehnen zu verwenden um den Defekt zu beheben. Auch die OP macht das Tragen einer Orthese mit Fersenerhöhung nötig, denn die frische Naht darf keine große Dehnung erfahren. Zwischen der 8. und 10. Woche post-OP ist noch einmal Vorsicht geboten, die Gefahr der erneuten Ruptur ist hier besonders hoch. Durch intensive Physiotherapie wird die Erhöhung nach und nach reduziert und die normale Dehnfähigkeit der Sehne und die optimale Ausrichtung der Fasern erarbeitet. Nach angepasster Kräftigung und viel koordinativem Training kann nach 4-6 Monaten wieder mit lockerem Laufen begonnen werden.
Bei komplikationslosem Verlauf erreicht die operierte Sehne wieder 90% ihrer natürlichen Belastbarkeit.
Die Behandlung der Rupturen im Kniebereich erfolgt meistens operativ. Je nach Lokalisation der Ruptur (Quadriceps- oder Patellasehne) wird eine Nahttechnik zum Einsatz kommen sowie ein Nahtanker der bei Rupturen in Knochennähe zusätzlich dort fixiert wird.
Bei betroffener Patellasehne wird zusätzlich zur Naht der Sehnenenden eine Drahtcerclage zwischen der Patella und der Tuberositas tibiae (Ansatzpunkt der Sehne am Schienbein) angelegt. Durch diese kann eine frühfunktionelle Therapie stattfinden, da sie die Naht der Sehne entlastet. Nach 3-6 Monaten sollte diese Cerclage wieder entfernt werden, es sei denn sie reißt vorher durch die Physiotherapie. Dann wird sie früher herausgenommen.
Wie oben bereits erwähnt werden Risse der langen Bicepssehne meist nicht operativ behoben. Im Bereich des Ellbogens ist es allerdings wichtig die Sehne zu refixieren, denn sonst geht die starke supinatorische Wirkung (Handfläche nach oben drehen) des Muskels verloren. Eine häufige Art der Refixation ist das Anbohren des Radius (Speiche, Ansatzpunkt der Sehne) und das Einfädeln der Sehne in dieses Loch und dortige Fixation mithilfe eines Nahtankers.
Es sollte auch hier Physiotherapie erfolgen um die Dehnfähigkeit und Geschmeidigkeit der Sehne wiederherzustellen und Kontrakturen zu vermeiden.