Schulter-Total-Endoprothese
Die erste Schulter-Prothese wurde bereits in den 50er Jahren von Charles Neer vorgestellt. Wie auch in der Forschung mit Hüft- und Knieprothesen gab es mehrere Entwicklungsschritte, und etwa seit den 1990er Jahren ist eine 3. Generation der Schulter-Endoprothesen im Umlauf.
In Deutschland werden in etwa 3000 künstliche Schultergelenke jährlich eingebaut. Vergleicht man das mit der Zahl der künstliche Hüftgelenke (150.000) oder der der Knieprothesen (100.000) ist das noch verhältnismäßig wenig. Die Tendenz ist allerdings stark steigend.
Mehrere Erkrankungen können dazu führen, dass bei einem Patienten eine Prothese in die Schulter eingesetzt werden muss:
- gelenknahe Frakturen des Oberarmkopfes und/ oder des Glenoids (Schulterpfanne), die eine Rekonstruktion unmöglich machen
- starke Arthrose (Omarthrose) wie sie z. B. durch rheumatische Erkrankungen vorkommen kann oder posttraumatisch nach Frakturen des Schultergürtels
- Humeruskopfnekrose (Absterben des Oberamkopfes durch Minderversorgung)
- große Risse oder Abrisse der Rotatorenmanschette (s. weiterer Fachbeitrag)
Es gibt unterschiedliche Arten der Prothesen. Die Auswahl wird bestimmt durch das Alter des Patienten, seiner sportlichen und alltäglichen Aktivität und voraussichtlichen Lebenserwartung. Auch der Zustand der Muskulatur und die Knochenqualität der Schulterpfanne und des -kopfes werden berücksichtigt.
Arten der Prothese
Oberflächenersatz (auch Cup-Prothese genannt)
Bei dieser Art wird lediglich die Oberfläche des Oberarmkopfes durch eine Kappe ersetzt. Die Vorteile liegen darin, dass man den Knochen schont, da man lediglich die Oberfläche des Oberarmkopfes vorfräst und nicht größere Teile entfernen muss. Ausserdem ist es nicht notwendig den Oberarmschaft zu eröffnen da kein Prothesenstiel verankert werden muss. Falls sich die Cup-Prothese nach Jahren lockert und das künstliche Gelenk ausgetauscht werden muss, kann man auf ein Totalprothese mit Kopf und Pfanne zurückgreifen.
Unter Umständen reicht für diese Art Prothese auch ein minimalinvasiver Zugang.
Kappenprothesen brauchen jedoch eine genügend große Auflagefläche auf dem Kopf des Oberarms. Dieser darf nicht zu zerstört sein. Bei Patienten mit starker Arthrose ist das aus diesem Grund u. U. keine Option.
Indikationen speziell für Cup-Prothesen sind zum Beispiel die Omarthrose oder rheumatische Erkrankungen sowie Humeruskopfnekrosen (s.o.).
Voraussetzung für einen Einbau ist eine intakte Rotatorenmanschette (s. weiterer Fachbeitrag).
Der bipolare Gelenkersatz
Hier handelt es sich um ein künstliches Schultergelenk, welches mit einem doppelt gelagerten Kopf arbeitet. Diese Prothesenart ist so konstruiert, dass man mit ihr einen Riss der Rotatorenmanschette ausgleichen kann.
Bipolare Schulterprothesen in der heutigen Form gibt es seit 1975.
Beim Implantieren des Gelenkes wird ein Schaft in den Oberarm eingebracht auf den später der spezielle Kopf aufgeschraubt wird. Der Umstand, dass ein solcher Schaft vonnöten ist, ist gleichzeitig ein Nachteil. Es ist ein größeres Implantat als die Cup-Prothese und damit wird es schwieriger einen Wechsel zu vollziehen wenn dies nach ca. 10-15 Jahren nötig werden sollte.
Als Vorteil sind die Schmerzreduktion und die Verbesserung der Beweglichkeit zu nennen.
Indikationen für diese Art der Prothese sind Verletzungen mit intaktem Oberarmschaft aber verletztem Oberarmkopf und Risse/ Abrisse der Rotatorenmanschette die unter der Operation ggf. rekonstruiert werden können.
Die inverse Schulterprothese (Delta-Invers Prothese/Gammontprothese)
Bei dieser Art der Prothese werden der konvexe und konkave Gelenkpartner vertauscht. Im Normalfall ist der Oberarmkopf der konvexe Partner während die Pfanne der Scapula (Schulterblatt) der konkave Gelenkpartner ist. Beim Einsetzen einer inversen Prothese wird an Stelle der Gelenkpfanne ein künstlicher Kopf angeschraubt und gleichzeitig am Oberarm eine konkave Gelenkfläche eingebracht.
Durch diese stabile Konstruktion ist es möglich auf die Muskeln der Rotatorenmanschette und die Gelenkkapsel zu verzichten. Lediglich der große Deltamuskel muss erhalten werden um die Bewegung zu ermöglichen.
Indikationen sind hier sehr große Defekte des Schultergelenks und der umgebenden Muskulatur die nicht anders operativ zu beheben sind. Es kann eine Schmerzfreiheit erreicht werden, allerdings ist die Beweglichkeit des Arms nicht vollständig wiederherstellbar. Aufgrund der neuen anatomischen Begebenheiten wird die Abduktion (Seitwärtsführen des Arms) nur bis ca. 90° machbar sein, die Flexion (Vorwärtsführen des Arms) etwas mehr.
Da diese Operationsmethode einen großen Eingriff in die Anatomie der Schulter darstellt ist es umso aufwändiger nach 10-15 Jahren einen Wechsel vorzunehmen sollte das Implantat sich lockern.
Nachbehandlung
Nach dem Klinikaufenthalt erfolgt im günstigsten Fall im Anschluss eine stationäre oder ambulante Rehabilitation.
Die Nachbehandlung erfolgt frühfunktionell, d. h. ohne wesentliche Ruhigstellung der Schulter. Nur ungefähr die erste Woche wird ggf. eine Schlinge getragen.
Allerdings beginnen bereits am ersten Tag nach der Operation die ersten physiotherapeutischen Maßnahmen wie passive Bewegung durch den Therapeuten sowie die entstauende Therapie um die Schwellung zu reduzieren. Im Anschluss daran erfolgt die Behandlung der Narbe, der Muskulatur und, sobald vom Operateur freigegeben, die Mobilisation der Schulter.
Nach ungefähr zwei bis drei Wochen und gut verheilter Narbe ist im Wasser ein spezielles Gelenkbeweglichkeitstraining zu empfehlen.
Unter Berücksichtigung eventueller Sehnennähte ist außerdem ein Gerätetraining sowie ein funktionelles Schultertraining anzuraten.