CMD – Craniomandibuläre Dysfunktion

Die Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) beschäftigt sich mit Problemen rund um das Kiefergelenk.

Lange wurde das Kiefergelenk von Ärzten stiefmütterlich behandelt. Seit einigen Jahren aber rückt es immer mehr in das Blickfeld von Zahnärzten, Kieferorthopäden und -chirurgen sowie Therapeuten aus verschiedenen Bereichen.

Als oberstes bewegliches Element des Körpers wird es auch die „Extremität des Kopfes“ genannt. Das komplette Kausystem hat nicht nur knöchern, sondern auch über seine Bänder und Muskulatur eine direkte Verbindung zum Schädel und zur Halswirbelsäule, dem Kehlkopf und dem Schulterblatt. Dadurch kann es durch vielfältige Ursachen zu genauso vielfältigen Problemen kommen.

Als eine Ursache von Beschwerden im Bereich des Kiefers sind das Zähneknirschen und das Aufeinanderpressen der Zähne zu nennen. Es wird geschätzt, dass jeder Dritte Deutsche nachts sein Kausystem als inadäquates Stressmanagement nutzt. Aber nicht nur dieser sogenannte Bruxismus ist für Muskelspannungsstörungen verantwortlich, auch Parafunktionen (unphysiologische Belastung des Kausystems) wie das Nägel kauen, auf Stifte beißen etc. leisten ihren Beitrag.

Beginnend mit den oben genannten Beschwerden entwickeln die Betroffenen oft eine sich verselbstständigende Problematik mit Kopf- und Gesichtsschmerzen, Tinnitus, Zahnschmerzen und vielem mehr. Beim Knirschen wirken bis zu 200 Kilopond (~1960 Newton). Im normalen Alltagsgebrauch sind die Belastungen mit etwa 50 Kilopond (bzw. ~490 N) deutlich geringer. Durch die beim Knirschen wesentlich zu hohe Spannung in der Kaumuskulatur und der damit verbundenen Minderversorgung entwickeln sich oft Triggerpunkte, die unter anderem für oben genannte Beschwerden verantwortlich sein können. Die Patienten haben morgens oft das Gefühl, dass der „Mund nicht richtig aufgeht“ oder „die Bewegung zäh ist“.

Bleiben diese Symptome unbehandelt chronifizieren sie leicht. Therapeutisch sind sie dann vor allem interdisziplinär von Interesse: nicht nur eine adäquate Schienenversorgung (Jig- oder Michigan-Schienen) durch den Zahn- und Kieferspezialisten, sondern auch Physiotherapie, Osteopathie, Entspannungstraining, Stressbewältigung oder Verhaltenstherapie sollten ihren Platz im Behandlungskonzept bekommen.

Nicht nur die Zähne, sondern auch das Kiefergelenk leidet unter der Druckeinwirkung. Frühzeitiger Verschleiß, Arthrose oder knacken und knirschen können die Folge sein und zusätzlich Probleme machen.

Der Mund geht nicht mehr richtig auf?

Der einfachste Grund dafür kann ein langer Zahnarztbesuch sein der die mundöffnende Muskulatur ermüdet hat.

Außerdem kann durch Parafunktionen die erhöhte Spannung der mundschließenden Muskulatur (M. masseter, M. temporalis) dafür verantwortlich sein, dass sich der Mund nicht mehr vollständig öffnen lässt. Denkbar ist auch eine Verlagerung des Diskus (Knorpelscheibe die die Inkongruenz des Gelenks verbessert) ohne selbstständige Reposition. Dann liegt dieser Diskus vor dem Gelenk und hindert es an der Öffnungsbewegung.

Auch anatomische Fehlstellungen der Zähne oder Fehlbildungen des Kiefers können den Kiefergelenken Probleme bereiten. Durch Ausweichbewegungen beim Kauen und Sprechen entsteht ein unphysiologisches Bewegungsmuster, das das Gelenk mit Muskeln und Bändern einseitig belastet. Abgesehen von allen oben besprochenen muskulären Problemen kann es durch die fehlerhafte Krafteinleitung in den Schädel zu Verschiebungen der Gesichtsebenen kommen (z.B. die Pupillarlinie). Der Körper muss dann seine Stellung im Raum neu bestimmen und über Wirbelsäulen- und Beckenverschiebungen korrigieren. Die Betroffenen entwickeln die Problematik dann entweder im Bereich des Kiefergelenks oder aber absteigend in anderen Regionen.

Hier ist eine ursächliche Therapie unerlässlich. Die Fehlstellung muss durch Kieferorthopädische oder -chirurgische Maßnahmen korrigiert werden. Begleitend durch Physiotherapie oder Osteopathie wird die Muskelspannung und ggf. die Verschiebung der Schädelknochen korrigiert.

Bei Unfällen aller Art mit Frakturen der Schädelknochen, insbesondere des Jochbeins, Ober- oder Unterkiefer sind die Chirurgen heutzutage erfinderisch. Soweit möglich setzen sie auch hier Platten ein um die betroffenen Knochen zu stabilisieren und eine baldige Belastungsfähigkeit zu gewährleisten. Ist dies nicht mehr möglich können Rippen oder Wadenbeine als Ersatz operativ verpflanzt werden.
Dieses Prozedere gilt auch für Tumore im Bereich des Kopfes, ob Weichteiltumor oder Knochentumor. Müssen Teile entfernt werden sind die Chirurgen bemüht diese so adäquat wie möglich zu rekonstruieren.

Bei allen OPs ist eine begleitende Therapie sinnvoll.

Das Kiefergelenk als Ursache anderer Beschwerden

Als „Extremität des Kopfes“ hat das Kiefergelenk großen Einfluss auf alle posturalen (die aufrechte Körperhaltung betreffende) Systeme des Körpers. So kann es durch einen weit zurückliegenden Auffahrunfall, ein Trauma beim Sport (Ball gegen Kiefer o. Ä.) oder eine zahnärztliche Behandlung auch noch Jahre später zu Beschwerden in anderen Bereichen kommen.

Ursächlich hat das Kausystem nach seinem Trauma über seine Verschaltung im Bereich der Hirnnerven (N. trigeminus) an anderer Stelle die Statik geändert. Die Struktur ist nun seit Monaten oder Jahren Fehlbelastungen ausgesetzt und der Körper kann diese nicht mehr kompensieren. Weil oft in der Anamnese keine Verbindung zum Kiefer hergestellt werden kann wird die Ursache oft übersehen, die Therapien bringen nur kurzzeitigen Erfolg. Wird die Ursache dann doch im Kausystem diagnostiziert kann eine sinnvolle Therapie erarbeitet werden.