Ausrollen
Hat Ihnen auch schon einmal jemand empfohlen sich auszurollen? Sie sind sich aber noch nicht ganz sicher wie das funktioniert und welche Effekte das haben soll? Im folgenden Fachbeitrag werden wir versuchen Ihnen das „Ausrollen“ etwas näher zu bringen.
Was ist „ausrollen“?
Vereinfacht gesagt ist „ausrollen“ eine Form der Selbstmassage, bei der ein physischer bzw. mechanischer Reiz auf die auszurollenden Strukturen appliziert wird, um diese zu stimulieren. In der Wirkungsweise ist das „Ausrollen“ mit manchen Behandlungsformen der Physiotherapie vergleichbar. Adressiert werden durch das „Ausrollen“ die Skelettmuskulatur und vor allem die umgebenden Bindegewebsstrukturen, die sogenannten Faszien. Aktuell versteht man die Muskelfaszien als ein den ganzen Körper durchlaufendes dreidimensionales Netz mit unzähligen Verbindungen und Zuglinien. Diese myofaszialen Verbindungen ermöglichen das synergistische Zusammenwirken verschiedener Muskelgruppen. Dies sichert unsere aufrechte Haltung und ermöglicht effektive Bewegungen. Darüber hinaus verfügen die Faszien über eine hohe Dichte an propriozeptiven Rezeptoren. Faszien passen sich aber auch an einseitige Haltungs- und Bewegungsmuster an, was zu unphysiologischen Adaptationen im Gewebe führen kann. In Folge kommt es nicht selten zu schmerzhaften Verspannungen, Verhärtungen und Verdickungen. Diesen kann man mit dem „Ausrollen“ entgegenwirken. Für das „Ausrollen“ werden vor allem Rollen und Bälle aus verschiedenen Materialien benutzt. Besonders beliebt sind Hartschaumrollen und –Bälle, die es in unterschiedlichen Größen und Härtegraden gibt. Die unterschiedlichen Härtegrade sind meist durch eine unterschiedliche Farbgebung gekennzeichnet.
Was bewirkt das „Ausrollen“?
Das „Ausrollen“ stimuliert die Verschiebung von Flüssigkeiten im Gewebe und regt den Stoffwechsel der Bindegewebsstrukturen an. Diese speichern wieder vermehrt Wasser (Rehydrierung) und werden sowohl weicher als auch elastischer. Bindegewebige Verklebungen, Verhärtungen und Restriktionen werden gelöst und die Beweglichkeit und Verschiebbarkeit der myofaszialen Strukturen verbessert sich. So werden stereotype Haltungs- und Bewegungsmuster, die aus monotonen Alltags- und Trainingsbelastungen resultieren, aufgelöst. Wissenschaftlich belegt ist eine bereits bei einmaliger Anwendung kurzfristig erhöhte Flexibilität. Bei regelmäßiger Anwendung von mindestens zwei Einheiten pro Woche kann das „Ausrollen“ die Flexibilität und Mobilität nachhaltig verbessern. Des Weiteren wird das „Ausrollen“ häufig zur Einleitung einer schnelleren Regeneration nach der Belastung eingesetzt. Den wohltuenden Effekt der Selbstmassage kann man sich auch zur Erholung bei Stress zu Nutze machen.
Unsere Empfehlungen
„Ausrollen“ empfiehlt sich vor allem für diejenigen, die im Alltag und Sport mit einseitigen Haltungs- und Bewegungsmustern konfrontiert sind, sich allgemein sehr wenig bewegen oder sehr hoher Trainings- und Wettkampfbelastung ausgesetzt sind. Das „Ausrollen“ kann bei vielen Krankheitsbildern ergänzend zu anderen Therapieformen sehr hilfreich sein. Dabei sollte aber immer eine fundierte Diagnostik durch entsprechend medizinisches Fachpersonal zu Grunde liegen. Das „Ausrollen“ läßt sich gut in die gewohnte Trainingsroutine integrieren. Wir empfehlen das „Ausrollen“ vor dem Training zur Bewegungsvorbereitung, Aktivierung und Mobilisierung oder als eigenständiges Training, welches man gut mit Dehn- und Mobilisationsübungen verbinden kann. Zur adäquaten „Ausrolldauer“ und –„Häufigkeit“ gibt es in der Literatur sehr kontroverse Angaben. Wir empfehlen vor dem Training eine Applikation von 1-2 Minuten pro Struktur (z. B.: Wade). Wird das „Ausrollen“ als eigenständiges Training durchgeführt, kann etwas länger ausgerollt werden. Gerne nach Gefühl, beziehungsweise Bedarf. Welche Strukturen ausgerollt werden sollten richtet sich nach Alltagsbelastung, Typ oder Krankheitsbild und variiert individuell. Welche Übungen für Sie im Speziellen geeignet sind und wie diese durchgeführt werden sollten, können Sie in einem persönlichen Gespräch mit unseren Physiotherapeuten oder Sportwissenschaftlern besprechen.
(JRA)